Ich wurde erst vor kurzem wieder gefragt, ob es denn nicht einen Weg gibt, jemanden auch vom heimischen PC aus eine Nachricht zu schreiben, die dieser, falls er Online ist auch sofort erhält.
Die Antwort ist natürlich:
Ja, es gibt eine Möglichkeit. Sie ist sogar für alle gebräuchlichen Plattformen verfügbar, ein offener Standard und es gibt eine große Anbietervielfalt.XMPP / Jabber
Diese Möglichkeit nennt sich Jabber und ist eigentlich der Offene Standard
XMPP (E
xtensible
Messaging and
Presence
Protocol).
Dieses Protokoll ist im Zuge der Entwicklung des Instant-Messaging-Dienstes Jabber von
Jeremie Miller entstanden. Daher wird in der Regel von Jabber-Clients gesprochen wenn man XMPP Clients meint. Das ist völlig in Ordnung und vergleichbar mit der Bezeichnung Mail-Programm. Hier würde auch niemand von einem SMTP- und IMAP-Client sprechen.
XMPP wurde in seiner langjährigen Geschichte schon oft um weitere Funktionen und Szenarien erweitert und wird nicht nur von Universitäten und Großen Unternehmen als Kommunikationswerkzeug eingesetzt. Es dient auch den Messaging-Diensten von Firmen wie Facebook oder GMX als Grundlage.
Dadurch dass es sich bei XMPP um einen offenen Standard handelt, gibt es diverse Entwicklungen von Server- und Client-Software. einige dieser Produkte (z.B. cisco Jabber) verursachen Lizenzgebühren und nutzen herstellerabhängige Erweiterungen. Die meisten Jabber-Server aber sind Open-Scource (Quelloffen) und somit frei und für jeden Verfügbar. Auch bei den XMPP-Clients gibt es viel Open-Scource-Software.
Vorteile von Jabber
Einer der größten Vorteile von Jabber gegenüber anderen Diensten wie WhatsApp ist, dass es sich so verhält wie bei der E-Mail. Man hat eine große Auswahl an Anbietern und eine gewisse Auswahl an Client-Anwendungen, aus denen man Frei wählen kann.
Hier die Einladung zu einem kleinen Gedankenspiel:
*Man stelle sich vor, als Google-Mail Kunde könnte man nur so genannte Google-Mails an andere Google-Mail Adressen schreiben, aber nicht an den Mail Dienst von z.B. T-Online. Die 'T-Mail' Kunden, die dem 'G-Mail' Kunden schreiben wollen brauchen zwei Accounts. Umgekehrt würde das selbe gelten. Der Eigene Arbeitgeber hat vielleicht auch eine art Mail-Dienst und auch hier ist keine Kommunikation mit anderen Diensten Möglich. Elektronische Geschäftskorrespondenz würde sich auf Telefon und Fax beschränken, weil es keine einfachere Möglichkeit gibt neuen Geschäftskontakten schnell eine Nachricht zukommen zu lassen.
Die Firmen die es sich leisten könnten würden irgendwann Kunden von Nachrichten Plattformen werden. Die Nachrichtenplattformen würden eine starke Bindung erzeugen, denn wenn man sich die Kosten für die Plattform nicht mehr leisten will oder mit geänderten Datenschutzbedingungen nicht einverstanden ist, muss man in Kauf nehmen, den kontakt zu wichtigen Geschäftspartnern möglicherweise zu verlieren.*
Glücklicherweise leben wir nicht in einer solchen Welt. Es wäre eine Lebenslüge, wenn man behaupten würde, dass es nur über Facebook die Möglichkeit gibt, sich Nachrichten zu schreiben. Jeder mit Zugriff auf einen Computer im weiteren sinne und das Internet, hat die Möglichkeit sich die E-Mail Adressen seiner kontakte irgendwo auf zu schreiben und jeder hat die Möglichkeit mit dem Anbieter und der Software seiner Wahl eine E-Mail an die gewünschte Person zu schreiben.
Mit Jabber ist das selbe auch für Instant-Messaging möglich.
Einstieg in Jabber
Der Einstieg in Jabber ist genauso einfach, wie der Einstieg in die Verwendung von E-Mails.
Um eine Jabber Nachricht zu schreiben braucht man eine Jabber-ID (JID), diese schaut auch aus, wie eine Mail-Adresse:
nickname@host.tld . Man muss natürlich auch die JID des Kontaktes kennen. Und wenn wir uns zwanzig Jahre zurück Versetzen erinnern wir uns vielleicht daran, dass man auch mal seinem Kontakt sagen musste: "Hey ich nutze jetzt E-Mail! Da muss ich dir keine Briefe mehr schicken. Du brauchst nur auch eine Mail-Adresse."
Um diesen schwierigsten Teil des Einstiegs etwas zu erleichtern gibt es zum Glück eine
Übersicht von Kostenlos verfügbaren Jabber-Anbietern. Oder man kennt jemanden, der einen eigenen Jabber-Server hat.
Hat man sich bei einem der Anbieter registriert, kann man sich einen Client ( ein Programm zum Empfangen und Senden der Nachrichten) umsehen.
Clients
Gajim
Hier ist für Windows, Mac oder Linux besonders
Gajim zu empfehlen. Der Messanger bietet viele nützliche Plugins z.B. zur Ende-zuEnde Verschlüsselung. Hier ist insbesondere die Möglichkeit
OMEMO als verschlüsslung zu verwenden derzeit noch ein Alleinstellungsmerkmal.
Conversations
Unter Android empfehle ich
Conversations. Auch hier ist Ende-zuEnde-Verschlüsselung mit OMEMO möglich. Die App kann man zur Unterstützung der Entwickler auch
im Google Playstore erwerben.
ChatSecure
Für das iPhone gibt es mit
ChatSecure einen vergleichbaren Client. Die App wurde Ursprüngliche für Android und IOS entwickelt. Der Entwicklungszweig für Android wurde allerdings eingestellt um die Entwicklung für das iPhone zu beschleunigen.
Einrichtung
Die Einrichtung verläuft dann fast noch unspektakulärer als bei E-Mail. Die genannten Clients unterstützen alle die Verwendung mehrerer Konten. Das heißt, analog zu einem E-Mail Programm muss man zunächst ein Konto Hinzufügen.
Hierfür ist in aller Regel die Angabe von JID und Passwort ausreichend.

Nun kann man den Kontakt mit dem man schreiben möchte hinzufügen. Hierzu muss man lediglich die JID des Kontaktes kennen und kann somit den Kontakt zur eigenen Kontaktliste hinzufügen.
Und schon kann man wie bei WhatsApp und Co. gewohnt schreiben. Und das Ohne sein Adressbuch (u.U. datenschutzrechtswiedrig) auf einen Server in die USA zu übertragen.
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